Es ist ja inzwischen schon fast ein Gesetz, dass ich den letzten Beitrag einer Reise nicht mehr schreibe. Das hat meistens den Grund, dass ich in der letzten Reisewoche immer komplett im Urlaubsmodus laufe und somit auch keine Lust mehr habe zu schreiben. Nunja, ich gelobe Besserung und reiche jetzt zumindest mal ein Jahr später noch einen Beitrag nach. Bald geht nämlich die nächste Reise nach China los und die Motivation zu schreiben ist wieder da. Ja, korrekt, es geht wieder nach China. Die drei Tage in Peking als Endstation unserer Transsib-Reise haben uns noch mehr Lust auf dieses Land gemacht. Unsere viel zu kurze Zeit in der Metropole sah in etwa so aus:
Die Bahnfahrt
Alles begann morgens früh um 6:15 Uhr am Bahnhof von Ulaanbaatar. Hier warteten wir zusammen mit mindestens hundert anderen Touristen auf den Zug nach Peking. Die Strecke wird immer abwechselnd von russischen und chinesischen Zügen bedient. Wir hatten dieses mal einen chinesischen erwischt. Als der Zug einfuhr sahen wir zunächst keinen Unterschied zum russischen Modell. Als wir einstiegen machte sich aber leider etwas Ernüchterung breit. Der Komfort und die Sauberkeit war mit den russischen Zügen leider überhaupt nicht vergleichbar. Waren die Schlafgelegenheiten bei den Russen bequem und weich gepolstert, waren bei den Chinesen nur recht harte Pritschen montiert. Eine Klimaanlage gab es ebenfalls nicht, nur ein kleiner rostiger Ventilator hing über dem Fenster. Aber wenigstens teilte uns das Zugpersonal Gutscheine fürs Frühstück aus. Mit Essen kriegt man mich ja immer.
Der Zug setzte sich jedenfalls in Bewegung und wir machten uns mit unseren Abteil-Genossen bekannt. Es handelte sich um ein junges Paar aus der Schweiz. Die beiden hatten bereits das gesamte Zentralasien mit dem Zug durchquert. Nun fuhren die beiden mit uns nach Peking um kurz darauf nach Nordkorea weiter zu reisen. Das verstehe wer will…
Nach ein paar Stunden fahrt wurde die vorbeifliegende Landschaft immer karger und es wurde immer heißer im Zug. An einem kleinen Bahnhof mitten im Nirgendwo hielt der Zug an und wir vertraten uns ein wenig die Beine. Während dem Stop wurde eine zweite Lok angekoppelt. Nicht etwa, weil der Zug urplötzlich schwerer geworden war, sondern schlichtweg aus Redundanzgründen. Wir hatten nämlich schon die Wüste Gobi erreicht. Sollte eine Lok ausfallen, kann die andere den Zug wenigstens aus der Wüste wieder raus befördern. Ein Bergungstrupp in die Wüste zu schicken ist aus nachvollziehbaren Gründen nämlich recht schwierig.
Und schon rief uns das Zugpersonal auch wieder zurück, die Fahrt ging weiter, vorbei an den Dünen der Gobi. So sehr hatten wir uns noch nie eine Klimaanlage gewünscht. Nach etlichen Stunden niedrigtemperaturgaren brach dann endlich die Nacht herein und es wurde ein wenig kühler im Zug. Langsam näherten wir und der mongolisch-chinesischen Grenze. Am Grenzbahnhof in Eren Hot angekommen bestiegen als erstes die mongolischen Zöllner den Zug und sammelten die Pässe ein. Danach kam noch ein Trupp mit Spürhunden in jedes Abteil und es wurde stichprobenartig in Gepäckstücke geschaut. Eine Stunde später rollte der Zug einen halben Kilometer weiter zum Kontrollpunkt der Chinesen. Hier das gleiche Spiel: Zöllner sammeln Pässe, stichprobenartige Gepäckkontrolle, eine Stunde später waren die Pässe mitsamt Einreisestempel wieder da. Die Einreise nach China hatten wir uns nicht so einfach vorgestellt.
Wieder fuhr der Zug an und hielt nach kurzer Zeit wieder. Wir wurden mehrmals hin und her rangiert, bis das ganze Gespann in einer riesigen Halle zum stehen kam. Hier wurden nun alle Waggons abgekoppelt und mit großen Hydraulikstempeln mitsamt Insassen angehoben. In Eren Hot werden nämlich die Fahrgestelle und die Loks getauscht. Chinas Schienennetz hat Normalspur, während Russland und die Mongolei auf Breitspur setzen. Das ganze Spektakel dauerte etwa zwei Stunden und war nach der eintönigen Wüste eine willkommene Abwechslung. Nach der mehr oder weniger strapaziösen Wüstentour fielen dann auch unsere Augen zu.
Nach ein paar wenigen Stunden Schlaf trauten wir unseren Augen nicht als wir die Vorhänge unseres Zugfensters öffneten. Eben noch mitten in der Wüste, nun reckten sich saftig grün bewachsene Berge um uns herum in die Höhe. Was ein schöner Kontrast! Auch schön: Wir fanden unseren Gutschein für das Frühstück wieder in dem Chaos des Abteils und machten uns auf zum Speisewagen. Als Frühstück gab es zwei Fleischbällchen mit Gemüse und Reis. Auf die Frage, ob wir denn ein Wasser haben könnte bekamen wir nur die Antwort “no water, just beer” ¯\_(ツ)_/¯.
Peking
Frisch gestärkt und halb betrunken kamen wir dann also in Peking und besorgten uns auch sogleich ein U-Bahn Ticket. Das ging relativ unkompliziert, da die Ticketverkäuferin tatsächlich ein paar Brocken Englisch konnte. Dank der ausführlichen Wegbeschreibung unseres Hostels fanden wir dieses auf anhieb. Es lag in mitten der Houtongs, den historischen Gässchen der Innenstadt. Nach einer gehörigen Mütze Schlaf buchten wir an der Rezeption für den nachten Tag einen geführten Trip zur chinesischen Mauer und machten und erkundeten anschließend die Pekinger Altstadt. Durch die schmalen Gassen wälzt sich stets ein opulenter Touristenstrom. Peking ist natürlich auch für Chinesen ein beliebtes Urlaubsziel, die meisten Touristen sind auch Chinesen. Das hat natürlich den Vorteil, dass die örtliche Gastronomie sich nicht auf westliche Reisende eingeschossen hat und man überall wirklich authentisches, chinesisches Essen bekommt. Von Baozi über Hühnerfüße bis zur Pekingente findet man hier alles was das kulinarische Herz höher schlagen lässt. Wer entschieden uns für eine Nudelsuppe und holten nochmal etwas Schlaf im Hostel nach.
Die Mauer
Am nächsten Morgen, pünktlich um Neune, empfing uns der Guide an der Rezeption. Nach einem kurzen Fußmarsch durch die Houtong-Hood wurden wir in einen Reisebus verfrachtet, der noch andere Hotels abklapperte um Touristen aufzusammeln. Nach ca. 40 Minuten fahrt kamen wir auch schon bei dem Besucherzentrum an. Das Besucherzentrum ist im Prinzip eine lange Straße, die aus Souvenirläden und überteuerten Restaurants besteht. Am Ende der Straße befindet sich der Schalter, an dem man Eintritt und/oder die Tickets für die Seilbahn zahlt. Es gibt auch einen Fußweg zu der Mauer. Bei über 30 Grad und einer Luftfeuchte von über 80% mussten wir aber nicht lange überlegen, der Fußweg war keine Alternative!
Auf der Fahrt mit der Seilbahn konnten wir schon die ein- oder andere tolle Aussicht auf die Mauer erhaschen. Oben angekommen muss man noch ein paar Stufen erklimmen bis man dann wirklich auf der Mauer steht. Ist man oben ist man erst einmal erschlagen von der Aussicht. Schier unendlich weit schlängelt sich das gewaltige Bauwerk durch den bergigen Wald. Es war noch nebelig als wir oben waren, so sahen wir die Mauer in der Ferne auf einem Bergkamm im Nebel verschwinden. So latschten wir also über dieses Wunderwerk in Richtung dieses Berges. Dank der Temperatur, Luftfeuchte und dem bergigen Profil der Mauer waren wir nach ca. 500m schon komplett durchgeschwitzt und unsere Wasservorräte fast aufgebraucht. So schleppten wir uns also eine halbe Stunde lang dahin. Dann kamen wir an jenen steilen Teil, den wir zuvor nur auch den Nebel schemenhaft wahrnahmen. Dieser war so Steil, dass man buchstäblich auf allen Vieren die “Treppe” hinaufkriechen musste. Ich frag mich heute noch, wie die chinesischen Touristinnen mit ihren High-Heels dort hoch gekommen sind. Nach der zwanzig Minuten nahmen wir die letzte Stufe des Anstiegs. Oben auf dem Sockel begrüßte und eine alte Frau, die dort Wassermelonen Wasser und Bier verkaufte. WIE IST DIE MIT DEM KRAM DORT HIN GEKOMMEN?! Egal, erst mal nen Liter Wasser rein gekippt.
Das Besondere an diesem Teil der Mauer ist, dass man dort der “neue” auf den alten Teil der Mauer trifft. Das sieht man auch ganz deutlich am Baustil. Auf dem neueren Teil sind die Steine recht glatt mit sehr kleinen Fugen. Der alte Teil sieht eher nach grobem Kopfsteinpflaster aus. Der Ausblick von dort oben auf die Mauer im Tal war einfach atemberaubend. Der Abstieg über die steile Treppe leider auch, aber nicht im positiven Sinne. Irgendwie sind wir dann doch wieder heile unten angekommen. Nach einem recht guten Mittagessen mit der Reisegruppe ging es dann auch schon wieder zurück ins Hostel. Eine Dusche hat sich selten so gut angefühlt. Aber die Strapaze hat sich definitiv gelohnt!
Die verbotene Stadt
Unser letzter voller Tag in Peking verlief komplett chaotisch. Nach einem ausgiebigen Frühstück im Hostel schlurften wir zur U-Bahn um zur verbotenen Stadt zu fahren. Vorher hatten wir natürlich mit der Touri-Map ausbaldowert, wie wir mit der Bahn zum Platz des Himmlischen Friedens kommen. Von dort aus geht es nämlich direkt zur verbotenen Stadt. Die Sehenswürdigkeiten sind in den U-Bahnen auch auf der Streckenkarte als Piktogramme angezeigt. Wir stiegen also an einer Station aus, deren Piktogramm wir als verbotene Stadt interpretierten. Als wir aus der U-Bahn Station heraus kamen sahen wir auch schon einen Ticketschalter. Nachdem unser Pass gescannt (das wird an jeder Sehenswürdigkeit gemacht) und das Geld auf den Tresen gelegt wurde bekamen wir unser Ticket und wussten sofort, dass wir an eine komplett anderen Sehenswürdigkeit gelandet waren, nämlich am Himmelstempel. Naja, wir hatten ja schon bezahlt und es war erst zwölf Uhr Mittags, also stiefelten wir dort hinein. Der Himmelstempel liegt in einer riesigen Parkanlage. Hier lassen es sich die Pekinger richtig gut gehen und erholen sich von der lauten Stadt. Es werden Gesellschaftsspiele gespielt, Sport gemacht, gemalt oder einfach nur gepicknickt. Und tatsächlich bekommt man in Mitten des gepflegten Parks nichts von der Stadt drumherum mit. Der Tempel an sich ist etwas unspektakulär, der Park ist das eigentlich Highlight.
Nach 90 Minuten Entspannung im Park nahmen wir uns dann ein Taxi zum Platz des himmlischen Friedens. Unser Fahrer ließ uns an einer überlaufenen Straße aussteigen, die ein wenig an das Phantasialand erinnerte. So gingen wir davon aus, dass das wohl die Straße zum Objekt unserer Begierde sei und folgten ihr. Nach zwanzig Minuten waren wir am Ende der Straße und fanden mal wieder keinen Platz und auch keine verbotene Stadt 🙁 Erst mal was essen. In einem schönen Restaurant stärkten wir uns also mit Nudeln und Dumplings. Das Essen war wie eigentlich überall in Peking hervorragend und der Kellner konnte sogar etwas Englisch. Der kann uns doch sicher sagen, wie wir zur verbotenen Stadt kommen. Er konnte. Wir mussten die komplette Phantasieland-Straße wieder zurück laufen. Und außerdem sagte er uns noch, dass wir besser morgen dort hin gehen sollten, die verbotene Stadt schließt um um 16:00 Uhr ihre Pforten. Wir hatten 14:55Uhr und in der Nacht ging schon unser Flug nach Hause 🙁 Die einzige Option war also ein Gewaltmarsch bei 33 Grad in Richtung fortbilden City. Und tatsächlich waren wir dann 15 Minuten später auf dem Tian’anmen-Platz. Dort hetzten wir vorbei am Nationalmuseum, der großen Halle des Volkes durch das Tor des himmlischen Friedens zur verbotenen Stadt. Schnell ein Ticket gekauft und im Laufschritt hinein in die alte Kaiserstadt. Diese durchquerten wir dann recht zügig, die vielen Museen innerhalb der Mauern mussten wir links liegen lassen. Trotz der Hatz waren wir fasziniert von den riesigen Plätzen, den reich verzierten Gebäuden und gepflegten Gärten. Aber leider hatten wir doch zu wenig Zeit, um dieses Wunderwerk tatsächlich zu erforschen.
Unter anderen deshalb haben wir uns nun entschlossen, wieder in Peking zu landen und der Stadt die Aufmerksamkeit zu widmen, die Ihr gebührt. Ich werde berichten.